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Nachhaltige Personalpolitik in Unternehmen

Die Klagen über den Fachkräftemangel und die Rekrutierungsprobleme mancher Unternehmen und Branchen sind bekannt. Doch mit der zunehmenden Alterung unserer Gesellschaft nehmen die Nachwuchsprobleme laufend zu. Wer als Lösung einseitig auf die Anwerbung junger ausländischer Arbeitskräfte setzt, verkennt die Komplexität der Problematik und setzt sich kritischem Widerspruch aus.

Personalfluktuation vermindern. Das rasche Stopfen von Personallücken mag für einen Pizzakurier möglich sein. Für wissensbasierte Unternehmen und hoch spezialisierte Dienstleister ist dies jedoch kein gangbarer Weg. Hier braucht es eine nachhaltige Personalpolitik, die klug konzipiert und mit zahlreichen geeigneten Massnahmen begleitet wird. Das Ziel muss sein, die vorhandenen personellen Ressourcen besser zu nutzen. Jedes Ausscheiden guter Mitarbeitender bedeutet einen Verlust an Fachwissen, das mit einer neu eingestellten Person erst wieder aufgebaut werden muss. Eine geringe Personalfluktuation spart diesen Aufwand.

Die Unternehmenskultur entscheidet. Fortschrittliche Unternehmen betrachten Wissensmanagement und Personalentwicklung deshalb als komplementäre Funktionen. Das betriebliche Wissen ist auf möglichst altersdurchmischte Teams zu verteilen, damit es über längere Zeit erhalten werden kann. Mit einer Unternehmenskultur der Diversität, der Toleranz und des Respekts, der Wertschätzung und der individuellen Entwicklung werden solche Teams gefördert. Alle Mitarbeitenden des Unternehmens sind ihren Lebensphasen entsprechend zu unterstützen. Sei es mit Teilzeitmöglichkeiten oder familienergänzender Kinderbetreuung, sei es mit einem abgestuften Altersrücktritt über mehrere Jahre oder mit Weiterbeschäftigung über das Pensionsalter hinaus. Ein partnerschaftliches Win-win-Verhältnis zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden ist verhandelbar und es führt zu Vertrauen und Stabilität in der Beziehung.

Stärken der Mitarbeitenden fördern. Wer Mitarbeitende der Altersgruppe 50plus pauschal als nicht mehr voll leistungsfähig betrachtet, schliesst sie von der Entwicklung aus oder drängt sie gar in die Frühpensionierung. Dabei ist dies ein übles Vorurteil. Eine kluge Personalpolitik versteht es, alle Mitarbeitenden – unabhängig vom Alter – dazu zu motivieren, ihr Bestes für das Unternehmen zu geben. Zu diesem Zweck müssen das Potenzial und die Entwicklungswünsche der Mitarbeitenden erkannt und bewusst gefördert werden. Manchmal sind es neue Aufgaben und Herausforderungen, manchmal eine Weiterbildung oder ein Erfolgserlebnis, welche die Zufriedenheit der Mitarbeitenden entscheidend prägen. Die Anerkennung des Individuums, seiner Leistung und seines Beitrags an die Gesamtleistung des Unternehmens ist dafür eine Grundlage. Niemand kann auf Wertschätzung und faire Interaktion im Team verzichten.

Das Nachhaltigkeitsziel der Personalpolitik. Oberstes Ziel eines Unternehmens ist die Erwirtschaftung eines angemessenen Gewinns, damit die Ansprüche und Erwartungen seiner verschiedenen Ansprechgruppen erfüllt werden können. Kunden und Lieferanten, Kapitalgebende, Natur und Gesellschaft, alle möchten sie respektiert werden. Gute Produkte, ein toller Kundenservice und marktgerechte Preise sind die Basis des Markterfolgs. Doch sie sind Ergebnis einer Leistung, die tagtäglich von den Mitarbeitenden neu erbracht wird. Das Unternehmen zu befähigen, diese Leistung bestmöglich erbringen zu können, ist das zentrale Nachhaltigkeitsziel der Personalpolitik.

 

Willy Rüegg ist Historiker und Präsident des VSV.